Опубликовано в журнале Студия, номер 11, 2007
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Es sitzt der Kutscher: auf dem Throne.
Watte ist sein Panzerhemd.
Sein Bart, im Stile der Ikone
Liegt schwer darauf, münzenbehängt.
Das arme Stadtpferd renkt die Schultern.
Mal streckt es sich zum Fadenfisch
Mal wirbelt es die Spinnenbeine
Unter dem Leib, der naß erglänzt.*
1927
Hochzeit
Durchs Fenster fällt ein langer Strahl.
Das große Haus steht schon umdunkelt.
Schon hat sich Feuer breitgemacht
Im Steinkamin, der glüht und funkelt.
Die Küche prustet Brodemwolken.
Wie goldbetreßte Lastengäule
Reifen dort, vom Himmel gemolken
Piroggen, Baben, Sauerlaibe.
Bis ins Blut kokett, strahlt dort
Die Kulebjaka: Lebensherz.
Dünn, blaugeschrubbt klagt fort und fort
Ein Hühnchen seinen Lebensschmerz.
Geschlossen hälts die Kinderaugen.
Die bunte Stirn scheint faltenbewegt.
Das Körperchen, halb wie im Traume
Ist schon ins Tischsärglein gelegt.
Kein Pope hat ihm mehr die Messe
Geheult, das Kreuz im Wind geschwungen,
Kein Kuckuck ihm vom Wald das letzte
Das tücksche Abzähllied gesungen.
Gewickelt wurde es in Kohlblatt
Und in Tomatenmark gekleidet;
Als Silberkreuzchen stieg herab
Der Sellerie, auf Stelzenbeinchen.
So ging es hin, im Lenz der Tage
Ein Zwerg, von Menschen totgeschlagen.
Es schlägt die Uhr. Die Nacht bricht an.
Im Wohnsalon wird toll gebechert.
Die Weinkaraffe, seht nur, kann
Schon schlapp, nicht mehr den Nacken recken.
Ein Fleischgebirge: Haufe Weiber
Sitzt da, die bunten Federn spreizend
Ein Hermelinchen übers Leibchen,
Die fettgelebte Brust gelegt,
An der kein König sich mehr regt.
Sie schlemmen dicke Süßigkeiten,
Röcheln nie gestillter Leiden-
Schaft und drücken ihre Quallennabel
In Suppenteller, Blumenschalen.
Und ihre Männer, kahl und gerade
Sitzen da wie durchgeladene
Gewehre, sich kaum den Hals ausreißend
Aus ihren Schützengräben des Fleisches.
Sich mühsam schlagend durch Kristall
Die vielfältigen, eintönigen Werte
Schwebt, ein Traum der glücklichen Erde
Flügelschlagend die Moral.
O Gottesvöglein, schämst dich nicht?
Wie soll dir, sag, denn Ehre einlegen
Ein Bräutigam, der Braut gegeben
Der nicht den Hufgesang vermißt?
Sein Wandertroubadourgesicht
Trägt Spuren noch des letzten Kranzes.
Der goldne Ring am Finger sticht
Ins Auge wie ein Schürzenknacker.
Der Pope, Zeuge aller Lust
Den Bart zur Kimme ausgebreitet
Sitzt, wie ein Turm beim Heiden-
Fest, die Gitarre vor der Brust.
Nur zu, Gitarre! Weite den Kreis!
Es brüllen pudschwer die Pokale.
Da bebt der Pope, und jammerheiß
Beginnt er in die Saiten zu schlagen.
Und unterm Eisengekratz der Gitarre
Den letzten Trinkspruch entbietend
Jagen die tollgewordenen Paare
In die nackten Gründe der Spiegel.
Und hinter ihnen, slalomfliegend
Ganz irr vom Heulen und Schreien
Das große Haus, den Hintern wiegend
In die Weite des Daseins hinein.
Und dort, gemummt in drohenden Schlaf
Die grauen Feldkolonnen der Werke
Und über den Siedeleien der Völker
Der Spruch von Arbeit und schöpfender Kraft.*
1928
Versuchung
Kommt der Tod zum Mann ins Haus,
Kommt zu einem Mann und sagt:
└Herr, du siehst verkrüppelt aus,
Wie insektenangenagt.
Laß das Leben, folge mir,
Komm, bei mir im Grab ists still.
Alle, groß und klein, allhier
In ein weißes Kleid ich hüll.
Wein nicht, weil das Grab dich kriegt,
Weil mit dir dein Wissen geht.
Sieh, das Feld sich selber pflügt,
Ohne Pflug der Roggen steht.
Mittags heizt die Sonne ein.
Nachts dringt Kälte bis ins Mark.
Du jedoch, belehrt vom Sein –
Weiß und fühllos wie ein Stein
Wirst du schlafen ohne Arg
Mit dem Kreuz in deinem Sarg.“
└Rühr nicht an den Hausherrn, Tod“,
Gibt der Bauersmann zurück.
└Um des Alters arme Not
Schon mich einen Augenblick.
Gib mir eine kleine Frist.
Laß mich frei des Weges ziehn.
Meine Tochter, wie sie ist,
Geb ich dir für deine Mühn.“
Weint der Tod nicht, lacht er nicht,
Greift das Mädchen ohne Worte.
Wie die Flamme er entwischt.
Und vom Häuschen bis zur Pforte
Neigt vor ihm das Gras sich schlicht.
Steht im Feld ein Hügel dort,
Drin das Mädchen nun rumort:
└Schwer ists, lieg im Sarge ich,
Beide Hände schwärzten sich,
Wurde wie der Staub das Haar,
Aus der Brust wächst Gras sogar.
Schwer ists, lieg im Grabe ich,
Ist verwest der Lippen Strich,
Löcher statt der Augen, ja,
Und kein lieber Freund ist da.“
Tod fliegt übern Hügel hin,
Traurig ist er, und er lacht,
Schießt mit dem Gewehr auf ihn,
Und, sich neigend spricht er sacht:
└Kleine, laß das Schwatzen sein,
Höre auf, im Sarg zu schrein!
Welt ist über dieser Welt.
Krieche aus dem Sarg geschwind!
Hörst du, Wind wühlt laut im Feld,
Wiederum die Nacht beginnt,
Sternenherde, die nicht blendet,
Flog vorüber, zog herauf,
Ja, dein Fasten ist beendet,
Na, probiers, und steig herauf!“
Schwenkte sie die Arme drauf,
Doch sie traute kaum dem Spiel,
Schlug den Deckel weg, sprang auf,
Stürzte hin und, ach, zerfiel.
Und aus ihren Armen fließt
Wie aus Schläuchen alles fort,
Wo ihr Hemd gewesen ist,
Blieb ein wenig Staub am Ort.
Aus des Leibes Löchern zag
Blicken Würmer in den Tag,
Und sie trinken zwergenhaft
Von dem rosenfarbnen Saft.
War ein Mädchen – Suppe wurds.
Lach nicht, Lachen, warte kurz!
Geht die Sonn auf, reißt der Lehm,
Wird das Mädchen auferstehn,
Und aus ihrem Rippenbein
Wachsen wird ein Bäumchen klein,
Wird die Krone rauschend schwingen,
Von dem Mädchen Lieder singen,
Für das Mädchen Lieder singen,
Süß wird seine Stimme klingen:
└Schlafe nun, mein Kindchen, schlaf,
Schlafe nun, mein Mädchen, schlaf,
Sieh, es flog der Wind aufs Feld,
Mond verblich am Himmelszelt,
Bauern ruhn bis in die Früh,
Viele Kätzchen haben sie.
Aber alle Kater tragen
Um die Hälse rote Kragen,
Bläulich glüht der Pelzchen Feuer,
Alle gehn in goldnen Stiefeln.
Alle gehn in goldnen Stiefeln,
Teuer sind die, sehr, sehr teuer …**
1929
Winters Anfang
Des Winters Anfang, klar und eisbezopft,
Hat dreimal heut an meine Tür geklopft.
Ich ging hinaus aufs Feld. Metallisch scharf
Ums Herz das Tuch der Winterluft sich warf.
Doch atmend tief, gestreckt das Kreuz, im Trab
Lief ich vom Hügel in das Tal hinab,
Ich lief hinab, erschrak: mich hat – mir graut –
Des Flüßchen schrecklich Antlitz angeschaut.
Der Winter, der mit Frost die Landschaft band,
Geht um und senkt ins Wasser seine Hand.
Der Fluß erbebt, der schon sein Ende spürt,
Indes sein Aug sich trübt und überfriert.
Aufbäumte sich sein Leib, der hilflos ward,
Warf sich verzweifelt hin und lag erstarrt.
Die Welle bleiern, ruht fast reglos er,
Und nur sein Kopf schlägt pendelnd hin und her.
Ich hab des Flüßchens Todeskampf gesehn.
Im Augenblick, nur Augenblicke lang,
Als es sich wand in schmerzlichem Gestöhn,
Scheint mir, daß ich in sein Bewußtsein drang.
In trüber Stund, in der die Kraft verfällt,
Als ringsum alles hingestorben war,
Da stellte die Natur die flüchtige Welt
Ihr eignen Denkens an dem Flüßchen dar.
Auch seines Denkens bebendes Vergessen
Hab ich in seiner dumpfen Qual gelesen.
Im Wellenbild erkannte ich, vereist,
Des Todes Linien plötzlich. Wenn du weißt,
Wie Menschen schaun an ihrem letzten Tag,
Begreifst du auch des Flusses Blick. Es lag
Das Flüßchen da, die schwarzgewordenen Wogen
Zur Hälfte schon mit Eishaut überzogen.
Als ich an seiner Augenhöhle stand,
Darin der letzte Blick des Tags verblich –
Gewaltige Vögel schauten da gebannt
Von einer Tanne ernst hinab auf mich.
Und ich ging fort. Es sank hinab die Nacht.
Der Wind fiel, kreiselnd, in Kamine ein.
Und sicher schwang der Fluß nur noch ganz sacht,
Erstarrend nun in seinem Sarg aus Stein.**
1935
Übersetzt von Richard Pietraß (*) und Andreas Reimann (**)