Опубликовано в журнале Студия, номер 10, 2006
Schließlich kam dieser Moment,
Mein langjähriges Werk ist beendet.
Was trauert denn heimlich mein Herz
Ob diesem vergangenem Tun?
Ist´s weil, meine Arbeit vollbracht,
Steh ich wie ein Tagelöhner müßig,
Der seine Bezahlung empfing,
Jetzt anderen Arbeiten fremd?
Oder vermiss ich mein Werk,
Den nächtlichen steten Begleiter,
Der Abend und Morgen bestimmt?
* * *
Mein Freund, nun ist es Zeit. Das Herz verlangt nach Frieden.
Die Stunden fliegen hin und jeden Tag hienieden
Trägt fort ein Stück des Seins. Und wir, noch frisch und rot,
Wir wollen leben, ja, doch sieh, schon sind wir tot.
Auf Erden gibt´s kein Glück. Es gibt den freien Willen.
Ich träum von einem weit entfernten Ort im Stillen;
Ich müder Sklave möchte in eine Klause fliehn,
Wo freies Schaffen und die reine Sanftmut blühn.
Wir waren mehrere im Kahn.
Die einen setzten Mast und Segel,
Die andren ruderten verwegen;
Der schweigsam-kluge Steuermann
Mit Vorsicht unser Fahrzeug lenkte
Über die Fluten hell und klar.
Ich, unbekümmert wie ich war,
Sang für die Mannschaft. Die Gefahr
Kam, als ein schwerer Sturm die Wellen sprengte…
Es sind ertrunken alle Mann,
Nur mich hob eine Woge an
Und trug mich an das Ufer weiter.
Jetzt sitz ich an den Klippen hier,
Sing meine Hymnen für und für
Und trockne meine nassen Kleider.
DER PROPHET
Ich schleppte mich, vor Durst ganz schlaff,
Auf öden, unwirtlichen Wegen,
Als ein sechsflügliger Seraph
Mir in der Wüste trat entgegen.
Mit Fingern leichter als ein Traum,
Berührte er die Augen kaum;
Und meine Augen sahen klar:
So, wie ein aufgeschreckter Aar.
Er rührte mir die Ohren an
Und alles hörte ich sodann:
Des Himmels fernes Grollen und Beben,
Der Engel Gottes Höhenflug,
Der Wasserkreaturen Zug,
Der Weidenhölzer stilles Leben.
Er drückte sich an meinen Mund,
Riss mir die Zunge aus dem Schlund,
Die eitel sündig war so lange
Und setzte mir, zu meiner Pein,
Die Zunge einer Schlange ein,
Die Zunge einer weisen Schlange.
Mein bebend Herz aus Fleisch und Blut
Hat er mir aus dem Leib genommen,
Stattdessen hab ich ein Stück Glut
In meine offne Brust bekommen.
Ich lag wie tot an jenem Ort
Und da vernahm ich Gottes Wort:
”Steh auf, Prophet; sei wach und sehend;
Geh in die Welt und such fortan
Die Menschenherzen zu bewegen
Und zünde sie mit Worten an.“
SZENE AUS DEM FAUST
Ich langweil mich.
Mephisto
Ja, Faust, was soll´s.
Euch Menschen ist ein Los gesetzt
Und keiner kann es überschreiten:
Ihr langweilt euch zu allen Zeiten.
Der eine träge, der gehetzt,
Der glaubt und jener ist verdrossen,
Den hat das Leben nicht ergötzt,
Und dieser hat zuviel genossen —
So geht’s mit euch bergauf, bergab
Und gähnend wartet schon das Grab.
So gähn auch du.
F.
Dein ew’ges Keifen.
Versuch doch mal, du Missgestalt,
Mich aufzuheitern…
M.
Jetzt mal halt.
Du musst das Ganze schon begreifen.
Und schreib in deinem Album fest:
”Die Langweil▒ erquickt die Seelen,
Auch wenn Fastidium quies est.“
Als Psycholog kann ich empfehlen
Mal nachzudenken. Sag mir: wann,
Wann hattest du nicht Langeweile?
Erinnere dich doch — war es dann,
Als du dich quältest Zeil zur Zeile
Durch den Vergil? Oder als du
Mit Rosen junge Mädchen kürtest
Und trankst die Nacht durch ihnen zu
Und Lust und Rausch mit ihnen spürtest?
Oder als du beschlossen hast,
Doch aufzugeben diese Hast
Und dich in Wissenschaften übtest?
Nur da war´s doch, als du beliebtest —
Aus Langweil, ärgerlich —
Zu holen aus dem Feuer mich.
Ich nahm dich wie ein Harlekin
Zu allen Hexen, Geistern hin,
Um deine Sinne aufzuheitern.
Und jetzt? Soll alles dieses scheitern?
Du wolltest Ruhm — hast genommen
Vom Leben alles und zuhauf,
Doch warst du glücklich?
F.
Hör doch auf.
Berühr nicht die geheimen Wunden.
Im tiefen Wissen ist kein Licht,
Die Wissenschaft verfluchte ich.
Und Ruhm… Wer einmal Ruhm gefunden,
Verliert ihn bald und hält ihn kaum.
Nein, Ruhm und Ehre sind ein Traum.
Doch gibt’s ein Glück wenn sich vereinen
Zwei holde Seelen.
M.
Soll wohl meinen
Den Kuss und so? Na, gute Nacht.
An wen hast du denn jetzt gedacht?
Doch nicht an Gretchen?
F.
Süße Träume,
O Flamme höchster Liebesglut!
Dort wo der Schatten alter Bäume,
Und wo des Bächleins reine Flut,
Wo wir zufrieden mit uns beiden,
Auch wenn die Hölle um uns braust —
Da war ich glücklich…
M.
Herrschaftszeiten!
Du sprichst ja wie im Fieber, Faust.
So Schwelgereien können täuschen
Und hier hast du dich sehr verrannt.
Ich machte dich doch mit der keuschen
Der holden jungen Maid bekannt;
Ich hab verkuppelt euch im Stillen.
Und als ihr dann in tiefer Nacht…
Wie hab ich insgeheim gelacht
Und mich gefreut um meinetwillen.
Ich weiß noch, wie ihr ganz entzückt,
Und deine Schöne ganz entrückt
Und aufgelöst in Träumereien —
Da hat die Unruh dich gepackt
Und du versankst in Grübeleien!
(Im Grübeln aber, wie gesagt,
Liegt Langeweil im Keim verborgen).
Und weißt du noch, was du gedacht,
Mein Philosoph? Im grauen Morgen.
In einer Zeit, wo niemand denkt?
F.
Nun sag´s schon, wenn es dich so drängt.
M.
Du dachtest sicher: Meine Güte,
Wie war ich so verrückt nach dir!
Und schürt´ im einfachen Gemüte
Geschickt Verlangen und Begier!
Du gabst dich deiner großen Liebe
Ganz hin aus tiefster Herzenslust…
Warum ist jetzt denn meine Brust
Bedrückt, gelangweilt, öd und trübe?
Das Opfer meiner Gier seh ich
Jetzt an, nachdem ich so genossen,
Mit Abscheu und zutiefst verdrossen:
So wie ein dummer Wüterich,
Entschlossen zu nem bösen Streiche,
Ermordet einen Bettelmann
Und schimpft auf die zerlumpte Leiche,
So sieht das Laster ängstlich an
Die käufliche, unechte Liebe,
Nachdem gesättigt seine Triebe.
Du dachtest über alles nach
Und dein Entschluss war prompt zur Stelle:
F.
Verschwinde, Ausgeburt der Hölle!
Mir aus den Augen, Ungemach!
M.
So lass uns diesen Streit beenden,
Ich geh, nur gib mir was zu tun:
Ich geh nicht von dir um zu ruhn —
Umsonst will ich nicht Zeit verschwenden.
F.
Sag was dort in den Wellen flirrt?
M.
Ein Schiff, ein spanischer Dreimaster
Beladen mit Verderb und Laster,
Das jetzt in Holland landen wird.
An Bord zwei Affen, Gold und Kleider,
Dazu dreihundert Halsabschneider
Und eine Modekrankheit, denkt,
Sie ist vor kurzem euch geschenkt.
F.
Alles versenken.
M.
Gleich. (verschwindet)
Übersetzt von Melitta Neumann