Опубликовано в журнале Студия, номер 7, 2003
David SAMOJLOV
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Noch klein bin ich, habe Angina;
ich sehe zum Fenster: Es schneit.
Und Papa singt leise: „Der weise
Oleg macht sich heute bereit…"
Ich höre dem Lied zu und weine
und schluchze ins Kissen gepresst.
Ich schäme mich meiner Bewegtheit
und bitte doch: „Weiter, den Rest…"
Gedämpft hört man hinter den Wänden
das Leben, das summend verrinnt.
Der Erde Vergänglichkeit schmerzt mich,
mich törichtes fiebriges Kind.
* * *
Die schlichten Worte liebe ich
wie Berge, die noch unerklommen.
Sie scheinen anfangs durchsichtig,
doch später ist ihr Sinn verschwommen.
Man putzt sie blank von Zeit zu Zeit.
Das ist des Dichters Tätigkeit.
Boris SLUCKI
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Ich glaubte jedem Losungsworte blind
Parolen folgte ich in allen Dingen,
so wie für Vater, Sohn und Heilgen Geist
einst Christen gläubig in die Flammen gingen.
Und wenn der Fels zu Staub zerfallen ist
und offen steht des stummen Abgrunds Höhle,
und wenn vielleicht ein Fehler unterlief,
so nehme ich die Schuld auf meine Seele.
* * *
an Wladislaw Broniewski
Solang man weint über Gedichten,
solang man öffentlich sie schmähen
und sie in Schubladen wird schichten,
solang man sie verbannt will sehen,
so lange ward noch nicht zuschanden
die Sache, der wir uns verschworen.
Sie ist, gleich Polen, nicht verloren;
drei Teilungen sind überstanden.
Für jene, die Vergleiche schätzen,
weiß diesen ich heranzuholen:
Am treffendsten scheint’s, gleichzusetzen
russische Poesie mit _ Polen.
Noch gestern war sie fortgelaufen,
die Arme voller Furcht erhoben,
und wieder auf den Scheiterhaufen
ward sie noch gestern fast gehoben.
Doch heute spinnt sie schon Amouren
und lässt ein freches Lachen hören.
Die Zukunft und vergangne Spuren _
wie könnten sie die Dichtung stören?
Naum KORZAVIN
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Ich glaub nicht an Märchen _ ich bin schon bei Jahren!
Doch brauche ich Märchen, hab jäh ich erfahren.
Ich glaub nicht an Wunder und doch schaue lauernd
nach Wundern ich aus allenthalben und dauernd.
Ich suchte verzweifelt nach Märchen _ vergebens.
Ich spürte mir fehlte, dunkel, ein Teil meines Lebens.
All dies blieb verborgen, ich konnt es verneinen,
doch alles ward sichtbar mit deinem Erscheinen.
BEIM LESEN VON NEKRASSOV
Vorbei ein Jahrhundert. Und wieder
wie im längst vergessenem Jahr
fällt stark sie dem Pferd in die Zügel,
sie rettet aus Feuersgefahr.
Vielleicht möchte anders sie leben,
trüg gerne ein festlich Gewand.
Doch laufen und laufen die Pferde,
es lodern die Hütten im Brand.
Ubersetzt von Inge Grieshammer